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Taiji-Skiing - Prof. Dr. Phil. Horst Tiwald (1938-2013)

 


 

 

Mathias Zdarsky als Begründer des Torlaufs

Text von Franz Josef Klaus

Zur Pflege des Massenskifahrens nach seinen volkserzieherischen Grundsätzen gründete Zdarsky in Lilienfeld (1898) einen Skiverein. Als der Lilienfelder Verein ihm nicht mehr genügte, rief er den "(Internationalen) Alpen-Skiverein" in Wien ins Leben. Der Verein bestand von 1900 bis 1938 und war vor dem Ersten Weltkrieg mit 1 889 Mitgliedern (1914) der größte Skiverein Mitteleuropas. Mit diesem Verein führte Zdarsky in Lilienfeld die ersten drei Torläufe der Skiweltgeschichte durch. Ein Riesentorlauf war das von Zdarsky am 19. März 1905 ausgetragene Wettfahren. Eine Torbahn führte von der Spitze des Muckenkogels (1 246 m) über den 45 Grad steilen Nordhang bis zur Kolmwiese (747 m), wies einen Höhenunterschied von 499 Metern auf und war mit 85 Toren (Fahrmale, erst ab 1909 Tore genannt) besteckt.

Ein Vorgänger dieses Torlaufes war das erste Wettfahren, das Zdarsky mit dem Alpen-Skiverein am 24. Februar 1901 auf dem Sonnwendstein am Semmering austrug. Als Vorläufer des kurzen englischen Torlaufes (von Arnold Lunn 1922 in Mürren eingeführt) kann man den zweiten und dritten Torlauf Zdarskys in Lilienfeld auf dem Spitzbrand bezeichnen. Der zweite Torlauf fand am 25. März 1906 auf dem "Dreieck" des Spitzbrandes statt. Die Strecke war 303 Meter lang, hatte 175 Meter Höhenunterschied und 35 Vertikaltore (in einer Reihe aufgestellt). Drei Jahre später, am 14. März 1909, veranstaltete Zdarsky den dritten Torlauf wieder auf dem Spitzbrand. Diesmal waren 32 Tore in fünf "Vertikalen" gesteckt, die nicht in einer Geraden lagen.

Zdarsky veröffentlichte am 24. Jänner 1914 im "Schnee" eine von ihm verfaßte "Wettfahrordnung" für den Torlauf, die für alle Wettfahrten des "Alpen-Skivereines" maßgebend blieb, bis sie im Jahr 1936 von der im Österreichischen Skiverband üblichen englischen Wettfahrordnung abgelöst wurde. Erst als der Engländer Arnold Lunn in der Schweiz im Jahre 1922 genau auf denselben Gedanken kam wie Zdarsky (ohne von seinen Versuchen etWas zu wissen), konnte sich die neue Form ihren gebührenden Platz in den alpinen Bewerben sichern.

Ein hübscher Zufall wollte es, daß auch die erste Form des Zdarskyschen Torlaufes, der Riesentorlauf, auf den Tag genau 30 Jahre nach dem Muckenkogellaufe (19. März 1905) ihren Wiedererwecker fand. Am 19. März 1935 steckte nämlich der Bozener Dr. Gunther Langes auf den weiten Gletscherfeldern der Marmolata den ersten neueren "Riesentorlauf" seit Zdarsky aus, und zwar mit 5 km Länge, 1 200 m Höhenunterschied und 50 Toren. Seitdem sind beide von Zdarsky in Lilienfeld eingeführten Formen feste Bestandteile der "alpinen Bewerbe" geblieben.

Zdarsky hatte - wohl im Bewußtsein seiner geschichtlichen Tat - von dem ersten Torlauf eine 23 Seiten starke "Wettfahr-Urkunde" drucken lassen. Es gibt also an diesem Erstereignis des Torlaufes nichts zu rütteln.

 

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