Mathias
Zdarsky als Begründer des Torlaufs
Text von Franz Josef Klaus
Zur
Pflege des Massenskifahrens nach seinen volkserzieherischen Grundsätzen
gründete Zdarsky in Lilienfeld (1898) einen Skiverein. Als der Lilienfelder
Verein ihm nicht mehr genügte, rief er den "(Internationalen)
Alpen-Skiverein" in Wien ins Leben. Der Verein bestand von 1900 bis
1938 und war vor dem Ersten Weltkrieg mit 1 889 Mitgliedern (1914) der
größte Skiverein Mitteleuropas. Mit diesem Verein führte
Zdarsky in Lilienfeld die ersten drei Torläufe der Skiweltgeschichte
durch. Ein Riesentorlauf war das von Zdarsky am 19. März 1905 ausgetragene
Wettfahren. Eine Torbahn führte von der Spitze des Muckenkogels (1
246 m) über den 45 Grad steilen Nordhang bis zur Kolmwiese (747 m),
wies einen Höhenunterschied von 499 Metern auf und war mit 85 Toren
(Fahrmale, erst ab 1909 Tore genannt) besteckt.
Ein
Vorgänger dieses Torlaufes war das erste Wettfahren, das Zdarsky
mit dem Alpen-Skiverein am 24. Februar 1901 auf dem Sonnwendstein am Semmering
austrug. Als
Vorläufer des kurzen englischen Torlaufes (von Arnold Lunn 1922 in
Mürren eingeführt) kann man den zweiten und dritten Torlauf
Zdarskys in Lilienfeld auf dem Spitzbrand bezeichnen. Der
zweite Torlauf fand am 25. März 1906 auf dem "Dreieck"
des Spitzbrandes statt. Die Strecke war 303 Meter lang, hatte 175 Meter
Höhenunterschied und 35 Vertikaltore (in einer Reihe aufgestellt).
Drei
Jahre später, am 14. März 1909, veranstaltete Zdarsky den dritten
Torlauf wieder auf dem Spitzbrand. Diesmal waren 32 Tore in fünf
"Vertikalen" gesteckt, die nicht in einer Geraden lagen.
Zdarsky
veröffentlichte am 24. Jänner 1914 im "Schnee" eine
von ihm verfaßte "Wettfahrordnung" für den Torlauf,
die für alle Wettfahrten des "Alpen-Skivereines" maßgebend
blieb, bis sie im Jahr 1936 von der im Österreichischen Skiverband
üblichen englischen Wettfahrordnung abgelöst wurde. Erst
als der Engländer Arnold Lunn in der Schweiz im Jahre 1922 genau
auf denselben Gedanken kam wie Zdarsky (ohne von seinen Versuchen etWas
zu wissen), konnte sich die neue Form ihren gebührenden Platz in
den alpinen Bewerben sichern.
Ein
hübscher Zufall wollte es, daß auch die erste Form des Zdarskyschen
Torlaufes, der Riesentorlauf, auf den Tag genau 30 Jahre nach dem Muckenkogellaufe
(19. März 1905) ihren Wiedererwecker fand. Am 19. März 1935
steckte nämlich der Bozener Dr. Gunther Langes auf den weiten Gletscherfeldern
der Marmolata den ersten neueren "Riesentorlauf" seit Zdarsky
aus, und zwar mit 5 km Länge, 1 200 m Höhenunterschied und 50
Toren. Seitdem sind beide von Zdarsky in Lilienfeld eingeführten
Formen feste Bestandteile der "alpinen Bewerbe" geblieben.
Zdarsky
hatte - wohl im Bewußtsein seiner geschichtlichen Tat - von dem
ersten Torlauf eine 23 Seiten starke "Wettfahr-Urkunde" drucken
lassen. Es gibt also an diesem Erstereignis des Torlaufes nichts zu rütteln.